Karl-Marx-Stadt, 6. März 1976. In der 65. Minute des Qualifikationsspiels um die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Montreal tritt der Linksaußen der DDR-Auswahl, Hans Engel vom Armee-Sportklub Frankfurt/Oder, zum Siebenmeter gegen Manfred Hofmann vom TV Großwallstadt an. Die Ausgangslage kann dramatischer nicht sein: Verwandelt der Schütze den Wurf, fährt der haushohe Favorit und amtierende Vize-Weltmeister DDR nach Montreal, verwirft er, gelingt es der jungen Handball-Nationalmannschaft der Bundesrepublik entgegen aller Expertenmeinung sich zu qualifizieren. Hans Engel verwirft, die Sensation ist perfekt! Die sportliche Niederlage der DDR ist jedoch überschattet von allerlei Querelen. Bereits beim Hinspiel in der Münchner Olympiahalle wurde ein neuartiger Nadelfilz-Teppichboden ausgelegt, um die favorisierten Ostdeutschen aus dem Tritt zu bringen. In Karl-Marx-Stadt findet das Rückspiel in der Eissporthalle auf einem Holzboden statt. Jede Seite versucht den Gegner mit Psychotricks aus dem Konzept zu bringen. Zudem ist die Stimmung aufgeheizt und der Empfang der Westdeutschen in der Halle ist unfreundlich. Das Publikum schreit die Westdeutschen nieder. Doch trotz dieser frostigen Momente gibt es auch immer wieder Begegnung und Annäherung im deutsch-deutschen Handball im Kalten Krieg. Spieler:innen und Trainer finden sich abseits der Platte verdeckt zusammen.
Die Veranstaltung möchte an die Realität des Handballs im geteilten Deutschland erinnern, aber ebenso aufzeigen wie trotz aller politischer Gegensätzlichkeit Annäherung der Deutschen im Handballsport möglich wurde. Nach einem Einführungsvortrag des Historikers Lorenz Völker (Zentrum deutsche Sportgeschichte) über die Geschichte des deutsch-deutschen Handballs im Kalten Krieg diskutiert Dr. René Wiese (Zentrum deutsche Sportgeschichte) mit Wolfgang Böhme (ehem. DDR-Nationalspieler/SC Empor Rostock), Holger Oertel (ehem. Spieler THW Kiel) und Erik Eggers (Journalist und Kurator der Ausstellung „Die Zebras – Ein Jahrhundert Handball“) über die Erfahrungswelten des deutsch-deutschen Handballs zwischen 1949-1990. Die Veranstaltung ist ein Projekt der Landeszentrale für politische Bildung Schleswig-Holstein.
Donnerstag, 13.07.2023, 19.00
Stadt- und Schifffahrtsmuseum Fischhalle, Wall 65, 24103 Kiel
Um 17.30 Uhr besteht das Angebot einer Kuratoren-Führung mit Erik Eggers durch die Ausstellung „Die Zebras – Ein Jahrhundert Handball“ im Stadtmuseum Warleberger Hof, Dänische Straße 19, 24103 Kiel.
Der Eintritt ist frei.