Der Sport in der Sowjetunion ist ein Paradebeispiel von Utopie und Wirklichkeit des Kommunismus im 20. Jahrhundert. Die Körperkultur der Sowjetunion sollte den „Neuen Sowjetmenschen“ formen – ein Anspruch, der sich auf Physis, Lebensführung und Denken der Allgemeinheit wie der Sportler/Innen bezog. Der Kommunismus prägte zudem über Jahrzehnte den Weltsport, in der Sportdiplomatie ebenso wie beim Export von nicht-zivilen Organisationen wie „Dynamo“. Die Konferenz beleuchtet den Fußball in der Sowjetunion aus multidimensionaler Perspektive: Als staatlich und parteilich gestalteter Repräsentationsraum, als kommunistisches Sportsystem, das Wettkampfbetrieb wie Spieler diktatorisch zu lenken wusste, als Faktor der internationalen Politik aber auch als kulturelles Gepräge für Kunst, Architektur, Jugend- und Erinnerungskultur. Der Sowjetfussball wurde in den Dekaden seiner Existenz sowohl gegen „bürgerliches“ Sporttreiben, gegen das nationalsozialistische Regime wie auch gegen den „Kapitalismus“ in Stellung gebracht. Sportliche Begegnungen wurden somit häufig mit einem politischen Auftrag überformt – in der Rückschau gerieten einzelne Spiele zu emotional und ideologisch aufgeladenen Mythen.
Die Tagung wird von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Rahmen des Jahresschwerpunkts „Der Kommunismus: Utopie und Wirklichkeit. 1917-2017: 100 Jahre Oktoberrevolution“ gefördert. Die Konferenz wird in Kooperation mit dem Sportmuseum Berlin, dem Deutschen Rundfunkarchiv, dem Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur sowie dem Tagesspiegel ausgerichtet und von der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport unterstützt.
Die historische Rückschau mit internationalen Experten findet zugleich mit Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland statt und bietet einen fundierten Einblick in die Geschichte der wechselseitigen sportpolitischen und kulturellen Beziehungen zum WM-Gastgeberland.