Was ist »Wehrerziehung«? Umgangssprachlich wird der Begriff häufig mit der vormilitärischen Ausbildung von Kindern und Jugendlichen in der DDR, seltener auch in den Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes gleichgesetzt. Selbst in der Fachliteratur findet sich der Begriff immer wieder in dieser Konnotation. Der Versuch einer scharfen Begriffsdefinition führt aber rasch zu der Erkenntnis, dass »Wehrerziehung« weder Erfindung noch Alleinstellungsmerkmal der sozialistischen Staaten des 20. Jahrhunderts ist.
Der Workshop wird die bisherigen Forschungsergebnisse zur vormilitärischen Ausbildung von Kindern und Jugendlichen in der deutschen Geschichte aufgreifen, um sie in einen gemeinsamen Zusammenhang zu stellen. Die Veranstaltung will Strukturen, Tendenzen und Kontinuitäten ebenso wie abweichende oder gar gegensätzliche Entwicklungen in den verschiedenen politischen Systemen im deutschsprachigen Raum zusammenführen.
Im Interesse eines interdisziplinären Ansatzes richtet sich der Workshop ebenso an Historiker wie an Sozialwissenschaftler und Bildungsforscher. Gleichzeitig besteht ein besonderes Interesse, den Fokus von den im Zusammenhang mit »Wehrerziehung« bisher schwerpunktmäßig betrachteten Zeitabschnitten des Dritten Reichs und der DDR zu erweitern. Der Versuch einer vergleichenden Sozialgeschichte der Wehrerziehung in Deutschland muss vielmehr darauf zielen, alle Phasen der deutschen Geschichte seit dem 19. Jahrhundert dahingehend zu untersuchen, welche Funktion die vormilitärische Ausbildung innerhalb der Gesellschaft erfüllte, von welchen Einrichtungen sie getragen wurde, wie sie strukturell auf- gebaut und ideologisch unterfüttert war.
Im Rahmen des Workshops referierte Dr. Berno Bahro zum Thema „Wehrsport und vormilitärische Jugenderziehung im Nationalsozialismus“.