Ostern 1952. Die ostdeutschen Fußball-Schlachtenbummler sind in heller Aufruhr. In der DDR gastiert eine Flut westdeutscher Spitzenteams, um sich in Freundschaftsspielen sportlich zu messen. Auch Hannover 96 reist in die DDR und gibt seine Visitenkarte bei den DDR-Spitzenmannschaften von Chemie Leipzig und Motor Dessau ab. Gerade in dieser Frühzeit ist die Vision „Annäherung durch Fußball“ bei Spielern, Fans und Funktionären allgegenwärtig, um dem Traum von der Einheit Deutschlands ein Stück weit näher zu kommen. Die ostdeutsche Presse ist vom Auftreten der Hannoveraner begeistert und berichtet nicht nur von herzlicher Gastfreundschaft und inniger Sportfreundschaft, sondern ebenso davon, dass die Fußballer diesseits und jenseits der Zonengrenze mit derartigen Spielen wirksam für die Einheit Deutschlands geworben haben. Die politische Rhetorik war durchaus gewollt. Die SED wollte den Fußball in den Dienst ihrer Politik der nationalen Einheit stellen, was vom DFB, der einen unpolitischen Sport propagierte, abgelehnt wurde. Die Konfrontation der beiden politischen Systeme fand nun auch im Fußball ihren Widerhall.
Fast zwei Jahrzehnte später ist ein freundschaftliches Aufeinandertreffen zweier deutscher Mannschaften nicht mehr denkbar. Bereits nach dem Mauerbau 1961 herrscht eine sportpolitische Eiszeit zwischen Ost und West. Deutsch-deutsche Europa-Pokal-Duelle wie 1967 das Intercup-Spiel zwischen Hannover 96 und dem 1. FC Lok Leipzig spiegeln dagegen die politischen Dimensionen des Fußballs und die nationale Zerrissenheit des geteilten Deutschlands in dieser Zeit wider. Und selbst die von der Sportpolitik ausgehandelten Begegnungen des deutsch-deutschen Sportkalenders, die Hannover 96 nach Erfurt und Karl-Marx-Stadt in den 1980er Jahren führen, werden von der ostdeutschen Sportführung zu „Klassenkämpfen im Flutlicht“ ausgerufen. Den DDR-Kickern wurde politisch-ideologisch eingebläut gegen die bundesdeutschen Profis zu gewinnen, um die Überlegenheit der sozialistischen DDR zu demonstrieren.
Der Vortrag möchte einerseits an die Realität des Fußballs im geteilten Deutschland erinnern. Aber auch andererseits aufzeigen, wie es den Deutschen in Ost und West mit raffinierten Doppelpässen immer wieder aufs Neue gelang, die Realität der Mauer zu umspielen.
Veranstaltung in Hannover
Vortrag: Dr. René Wiese (Zentrum deutsche Sportgeschichte)
Moderation: Sebastian Kurbach
Datum: 07.06.2018
Uhrzeit: 19 Uhr, Einlass ab 18.30 Uhr
Ort: HDI-Arena, Robert-Enke-Str. 3, 30169 Hannover
Der Eintritt ist frei
Um Anmeldung wird gebeten: Sebastian.Kurbach@hannover96.de
Eine Veranstaltung in Kooperation mit Hannover 96.